Angst, Unruhe, Schlafstörungen bei alten Menschen – Möglichkeiten der Psychophytopharmakatherapie
Hans-Jürgen Möller
Department of Psychiatry, Ludwig-Maximilians-University München
Angst, Unruhe und Schlafstörungen sind häufige Probleme alter
Menschen, die die Lebensqualität beeinträchtigen. Psychophytopharmaka
können hier eine wichtige Therapiemöglichkeit darstellen. Dazu sollen
einige Aspekte dargestellt werden.
Bei der Behandlung von Angst und Unruhe kann das Lavendelextract Lasea sinnvoll
eingesetzt werden. Von den First-line Anxioloytica ist bekannt, dass sie sedieren
können und die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen können,
was zu erhöhter Gefährdung im Strassenverkehr und zu verminderter
Lebensqualität führen kann. Dies berücksichtigend, wurde Lasea
sorgfältig in einer nach modernen Standards durchgeführten Fahrtauglichkeitsstudie
an Probanden untersucht, und zwar im Vergleich zu Placebo wie auch im Vergleich
zum Benzodiazepin Lorazepam. Es zeigte sich, dass Lasea hinsichtlich der Fahrtauglichkeit
den Plazebobedingungen vergleichbar ist und dass es im Vergleich zu üblichen
Dosierungen von Lorazepam diesem hinsichtlich der Fahrtauglichkeit überlegen
ist.
Schlafstörungen sind allgemein ein großes Problem im Alter, insbesondere
auch bei Depressiven. In einer Meta-analyse der Ergebnisse von drei randomisierten
kontrollierten Studien (zwei gegen Plazebo, eine gegen Paroxetin) zur Wirksamkeit
des Johanniskrautpräparates Hypericum Extract WS 5570 bei Depressiven
wurde der Einfluss auf depressionsbedingte Schlafstörungen ( Schlafitems
der HAMD) untersucht. Dabei zeigte sich Hypericum Extraxt, in der Dosierung
von 600-900 mg besser wirksam als Plazebo, und auch besser wirksam als 20-40mg
Paroxetin.
In der modernen Phytopsychopharmakologie wird versucht, die pharmakologischen
Mechanismen, die hinter den beobachteten klinischen Wirkungen stehen, aufzuklären.
Hinsichtlich des beschriebenen Effekts auf Schlafstörungen sind die Ergebnisse
neuerer tierexperimenteller Untersuchungen an Ratten interessant, die zeigen,
dass Hypericum Extract Bestandteile wie z.B. Hypericin und Hyperforin an die
Melatonin-Rezeptoren MT1 und MT2 binden und das Hypericum Extract neben Hypericin,
Hyperforin und anderen Inhaltsstoffen auch Melatonin enthält und den Melatoninspiegel
bei den untersuchten Ratten erhöht.
Einleitung
First-Line-Anxiolytika und pflanzliche Beruhigungsmittel können sedieren
und die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen, was zu erhöhter Gefährdung
im Straßenverkehr und zu verminderter Lebensqualität im Alltag führt.
Die hier vorgestellte klinische Prüfung mit Silexan untersuchte die Äquivalenz
gegenüber Placebo und die Überlegenheit gegenüber Lorazepam
im Hinblick auf die Fahrtüchtigkeit bei gesunden Erwachsenen.
Methoden
Im Rahmen der doppelblinden Crossover-Studie wurden 50 Autofahrer zwischen
25 und 60 Jahren mit einer Jahresfahrleistung von mindestens 3000 km randomisiert.
Während der Crossover-Behandlungen mit dazwischenliegender 7-tägiger
Auswaschphase wurden die Teilnehmer jeweils an Tag 1 (einmalige Anwendung von
80 mg/d Silexan oder Placebo) und Tag 8 (nach mehrtägiger Anwendung) bzw.
an Tag 1 (einmalige Anwendung von 160 und 320 mg/d Silexan oder 1 mg Lorazepam
oder Placebo) im Fahrsimulator getestet. Der Testkurs entsprach den Empfehlungen
und enthielt alle Fahraufgaben, die in den Richtlinien der International Council
on Alcohol, Drugs and Traffic Safety Working Group aufgeführt sind.
Primärer Endpunkt der Untersuchung war die Fahrspur-Abweichung im Vigilanztest
(einmalige Anwendung). Sekundäre Endpunkte waren die Fahrspur-Abweichung
im Vigilanztest (nach mehrtägiger Anwendung), Selbst- und Fremdeinschätzung
der Fahrleistung, Reaktionszeiten, Selbsteinschätzung der Schläfrigkeit
auf der Stanford Sleepiness Scale, das Lidschlussverhalten sowie die Anzahl
der Fahrfehler.
Ergebnis
Das Full Analysis Set (FAS) zeigte sowohl bei einmaliger als auch nach
mehrtägiger
Gabe von Silexan bzw. Placebo vergleichbare Mittelwerte bei der Fahrspurabweichung
(21,972 ± 5,8011 cm vs 21,998 ± 5,1151 cm und 22,470 ± 5,5179
cm vs 22,801
± 5,3376 cm). Die konfirmatorische Analyse (im linearen gemischten
Modell) bestätigte die Äquivalenz von 80 mg/d Silexan gegenüber
Placebo in Bezug auf die Fahrspurabweichung nach einmaliger Anwendung und
die Überlegenheit
von Silexan gegenüber Lorazepam. Dieses Ergebnis wurde durch die Ergebnisse
der sekundären Endpunkte bestätigt. Die Studienergebnisse zeigen,
dass Silexan nicht sediert und die Fahrtüchtigkeit unter Einnahme
von Silexan vollständig erhalten bleibt.
1Silexan® ist der Wirkstoff des Produkts Lasea® (Dr. Willmar Schwabe GmbH & Co. KG)